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Scanner News und Know-how

Digitalisierungsstandards: Scannerqualität messbar machen

Dieser Fachartikel erschien zuerst im Postmaster-Magazin 3/2021.

Hochleistungs-Scansysteme erfüllen jetzt zentrale Standards für die Bildqualität – eine Eigenschaft, die bisher Spezialscannern für die Kulturgutdigitalisierung vorbehalten war. Benjamin Meyer, Entwicklungsleiter von lnoTec, berichtet über die Hintergründe, neue Anwendungsgebiete
und den Einsatz in der Praxis.

Herr Meyer, die lnoTec Produktionsscanner SCAMAX 4×3 und SCAMAX 6×1 erfüllen die Qualitätsvorgaben der Digitalisierungsstandards FADGI und ISO 19264-1. Welche Vorteile ergeben sich daraus für den Anwender?

Benjamin Meyer: Das Ziel von FADGI und ISO 19264-1 ist die originalgetreue digitale Reproduktion der analogen Vorlagen. Dafür muss die Qualität eines Scans messbar sein und objektiv beurteilt werden können. Bei dieser Aufgabe leisten die Standards anhand verschiedener Kriterien wertvolle Hilfe. Qualitätskriterien sind zum Beispiel die Farbtreue und die tatsächliche physikalische Auflösung ohne nachträgliche Software-Interpolation. Qualitätsbilder sind gleichmäßig ausgeleuchtet und weisen wenig bis gar keine Verzerrungen auf, sind also weder gestaucht noch gestreckt. Beide Richtlinien sind zudem ganzheitlich konzipiert. Sie decken immer das Gesamtsystem ab, welches aus vielen Komponenten und Prozessen besteht. Dazu gehören neben der Kamera auch die Beleuchtung, der Dokumenteneinzug oder der Papiertransport.

Gibt es bei den Digitalisierungsstandards unterschiedliche Qualitätsniveaus?

Benjamin Meyer: FADGI und ISO 19264-1 sehen je drei Qualitätsniveaus vor. ISO unterscheidet Level C, B und A, während bei FADGI nach zwei, drei und vier Sternen differenziert wird. Mit Hilfe von Grenz- und Schwellenwerten werden die Digitalisierungssysteme in die unterschiedlichen Qualitätsniveaus eingeordnet. Der InoTec Produktionsscanner SCAMAX 6×1 ist ISO 19264-1 Level B-ready und FADGI ***-compliant, der SCAMAX 4×3 erfüllt die Vorgaben von ISO 19264-1 Level C und FADGI ***. Das bedeutet in der Praxis: Beide Scansysteme erzielen bei einem Großteil der Belegvorlagen eine sehr gute Bildqualität.

Was ist der Unterschied zwischen den beiden Standards und welcher ist für den deutschen Markt relevant?

Benjamin Meyer: Die Ursprünge von FADGI – Federal Agency Digitization Guidelines Initiative – liegen in der Digitalisierung von wertvollen Kulturgütern in den USA. Der Standard geht auf die Initiative behördlicher Organisationen wie der US National Archive and Records Administration (NARA) zurück. Um international die verschiedenen Ansätze zur Qualitätsbeurteilung digitaler Images zu harmonisieren, entstand 2017 der ISO-Standard 19264-1. Der Hauptunterschied beider Standards liegt im eingesetzten Test-Chart. Zudem gibt es Schwerpunkte bei den Testkriterien. Während ISO sich intensiver mit dem Thema „Farbtreue” befasst, legt FADGI großen Wert auf die Auflösung. In Europa ist ISO 19264-1 inzwischen fest etabliert und hat sich in Deutschland zum wichtigsten Digitalisierungsstandard entwickelt.

Warum gewinnen die Digitalisierungsstandards jetzt auch beim Dokumentenscannen an Bedeutung?

Benjamin Meyer: Der erste Grund liegt in der steigenden Nachfrage aus dem Archiv-Umfeld. Dort wurden bisher für historische und wertvolle Dokumente bis zum 18. Jahrhundert Spezialscanner eingesetzt. Bei diesen sogenannten Buch- oder Aufsichtscannern liegen die Vorlagen aufgeschlagen auf den Aufnahmetischen, der Scan erfolgt von oben. Jetzt sind die Archive in ihren Digitalisierungsaktivitäten bei Dokumenten aus dem 19. und 20. Jahrhundert angelangt. Diese liegen häufig in sehr großer Zahl vor, man denke da nur an all die Staats- oder Landesarchive. Bei der Digitalisierung dieser Dokumente bieten Einzugsscanner eindeutige Produktivitätsvorteile. Der zweite Grund ist mit dem ersten eng verbunden. Dokumentenscanner haben in den letzten 10 Jahren eine rasante technologische Entwicklung vollzogen und eine neue Qualitätsdimension erreicht. 

Können Sie Beispiele für diesen technischen
Fortschritt nennen?

Benjamin Meyer: Die Kameratechnik ist dank Hochleistungschips und ausgefeilter Software noch leistungsfähiger geworden. InoTec Produktionsscanner beispielsweise erzielen mit einer eigenentwickelten Kameratechnologie heute Images in einer Auflösung bis zu 600 dpi und 24-Bit-Farbtiefe. Zur Standardausstattung von Dokumentenscannern gehören heutzutage auch LED-Beleuchtungssysteme, die für eine homogene Ausleuchtung sorgen. Und die Einzugs- und Transportsysteme von Produktionsscannern sind sicherer, zuverlässiger und auch flexibler geworden: Mit State-of-the-Art-Geräten lassen sich besonders schwierige Belege über den geraden Papierdurchlauf direkt auf der Scanner-Rückseite ausgeben. Zusätzlich lässt sich der Einzugsandruck anpassen und die Geschwindigkeit über eine „Slow-down”-Option reduzieren. All dies stellt eine papierschonende Dokumentenverarbeitung sicher – eine entscheidende Voraussetzung für den Einsatz in Archiven und Bibliotheken.

Wie können Anwender die Digitalisierungsstandards in der Praxis nutzen?

Benjamin Meyer: Entscheidend für den Praxiseinsatz ist eine sorgfältige Kalibrierung des Scanners. Diese muss in regelmäßigen Abständen wiederholt und bei Bedarf angepasst werden. Die Qualitätsanforderungen der Standards sind hoch, deshalb sollten sich Anwender genug Zeit für den Kalibrierungsprozess nehmen. Danach lässt sich mit Hilfe eines Test-Charts, des sogenannten UTT-Targets, und einer Bildanalyse-Software prüfen, ob die Standard-Vorgaben erfüllt sind. InoTec unterstützt dabei mit einem präzisen Leitfaden, der Schritt für Schritt durch den Kalibrierungs- und Prüfprozess führt. Zudem führt InoTec für seine Partner umfangreiche Schulungen durch.

Gibt es bereits lnoTec Referenzprojekte, in denen Digitalisierungsstandards eine große Rolle spielen? Und wie können Scanner-Anwender im Posteingang von einer standardisierten Bildqualität profitieren?

Benjamin Meyer: In einigen Landesarchiven und einer Universitätsbibliothek sind bereits InoTec Produktionsscanner im Einsatz. Dabei werden Vorlagen bis zum Format A3 verarbeitet. Oftmals sind die Dokumentenscanner Teil einer Hybrid-Lösung. Während besonders fragile und wertvolle Dokumente weiterhin mit Spezialscannern digitalisiert werden, erfassen die InoTec Scansysteme den großen Rest der Vorlagen. Ist eine standardisierte Bildqualität vorgesehen, kann die Scangeschwindigkeit bis zu 120 Blatt pro Minute betragen – eine in der Kulturgutdigitalisierung bisher nicht erreichte Produktivität. Und auch Anwender im Posteingang sind gut beraten, auf eine standardisierte Bildqualität zu achten. Scansysteme mit dem Qualitätsniveau Level-B und FADGI** sind optimal für OCR-Anwendungen geeignet. Gleichzeitig steigern sie die Prozesseffizienz. Denn je besser die Bildqualität, desto weniger Re-Scans und Nachbearbeitungen sind notwendig.

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